- Photogrammmetrie
- Photogrammmetriedie, -, Fotogrammmetrie, Bildmessung; Wissenschaft und Technik der Aufnahme und Auswertung von Bildern zur Bestimmung von Form, Größe oder Lage beliebiger Objekte. Die Photogrammmetrie geht auf den französischen Fototechniker Aimé Laussedat (* 1819, ✝ 1907) und den deutschen Architekten und Ingenieur Albrecht Meydenbauer (* 1834, ✝ 1921) zurück. Sie beruht darauf, dass ein Bild nach bestimmten geometrisch-optischen Gesetzen entsteht und durch deren Umkehrung geometrische Größen der abgebildeten Objekte abgeleitet werden können. Dazu benutzte man früher nur fotografisch aufgezeichnete Messbilder. Durch neuartige Techniken der Bildaufnahme und der Auswertung hat die Photogrammmetrie aber eine bedeutende Ausweitung auf andere Arten von Bildern erfahren. Außerdem führte die Interpretation von Bildinhalten zur eigenständigen Disziplin der Fernerkundung mit speziellen Aufnahme- und Auswertemethoden.Die photogrammetrische Aufnahme erfolgt vom Erdboden, von Flugzeugen, von Satelliten oder Weltraumsonden aus. Als Aufnahmegeräte dienen v. a. fotografischen Kameras, die so gebaut und kalibriert sind, dass das Aufnahmestrahlenbündel rekonstruiert werden kann (Messbild, Messkamera), wodurch die photogrammetrische Auswertung sehr erleichtert wird. Dieser klassischen Form entsprechen v. a. die Reihenmesskameras zur Aufnahme von Luftbildern und die Phototheodolite zur terrestrischen Geländeaufnahme. Es gewinnen aber auch andere Kameras zunehmend an Bedeutung, z. B. Fotokameras, die mit einer Glasgitterplatte vor der Bildebene nachgerüstet wurden (Reseau-Kamera). V. a. aber ermöglicht die Optoelektronik in Verbindung mit der digitalen Bildverarbeitung den Einsatz von CCD-Kameras (CCD) in der Photogrammmetrie. Dabei werden im Nahbereich, z. B. für industrielle Messaufgaben, flächenhaft arbeitende CCD-Kameras bevorzugt, von Flugzeugen und Satelliten aus zeilenweise arbeitende Kameras. Für spezielle Aufgaben kommen auch andere Aufnahmesysteme zur Anwendung, z. B. Unterwasserkameras oder Elektronenmikroskope. Durch die Aufnahme wird ein Punkt P eines räumlichen Objektes mit den Raumkoordinaten x, y, z in der Ebene eines Bildes stets als Bildpunkt P' mit den Koordinaten x', y' wiedergegeben. Daraus kann zwar die Richtung zum Punkt P bestimmt werden, nicht aber seine Entfernung. Seine räumliche Lage kann also nicht aus einem Bild, sondern nur durch den Schnitt der Bildstrahlen aus zwei Bildern (oder mittels anderer Zusatzinformationen) gewonnen werden.Die Auswerteverfahren der Photogrammmetrie rekonstruieren die bei der Bildaufnahme wirksamen geometrisch-optischen Gesetzmäßigkeiten. Der allgemeine Fall der Photogrammmetrie ist die Zweibildmessung, die von Bildern eines Objekts ausgeht, welche von verschiedenen Orten aus aufgenommen wurden. Sie umfasst jeweils zwei Teilaufgaben, die Orientierung und die Messung. Durch die Orientierung werden die geometrischen Beziehungen zwischen Objekt und Bild rekonstruiert. Dazu benötigt man in der Regel einige Passpunkte. Durch Messungen werden die Koordinaten eines Objektpunkts in den beiden Bildern bestimmt und daraus seine räumliche Lage abgeleitet.Die am häufigsten angewandte Form der Zweibildmessung und der Photogrammmetrie überhaupt ist die Stereophotogrammmetrie (Raumbildmessung). Sie benutzt Messbilder, die mit genau oder zumindest genähert parallel ausgerichteten Kameras aufgenommen wurden. Diese Anordung ermöglicht die räumliche Betrachtung und Ausmessung zweier Bilder durch Stereoskopie. Für die Ausmessung von Stereobildern durch einen Beobachter stehen Stereokartiergeräte zur Verfügung, deren Grundprinzip erstmals 1915 realisiert wurde (Doppelprojektion). Später wurden auch Geräte gebaut, bei denen die Abbildungsstrahlen mit mechanischen Mitteln rekonstruiert wurden. Diese Geräte erlauben es, aus den Messbildern linienweise Grundriss- und Höhendarstellungen der aufgenommenen Objekte auszuwerten.Die analytische Photogrammmetrie löst die Orientierungs-und Messaufgaben, indem sie die Abbildungsgeometrie rein rechnerisch rekonstruiert. Stereophotogrammmetrische Auswertesysteme nach diesem Prinzip können flexibel eingesetzt und die Messergebnisse (z. B. in Geoinformationssystemen) direkt weiterverwertet werden. Man kann aber auch mehrere Bilder mit zusätzlichen Informationen (z. B. bekannte Objektstrecken) verarbeiten und die Orientierungsdaten und Objektpunktkoordinaten gleichzeitig bestimmen (Bündelmethode). Das Verfahren wird dadurch vielseitiger und kann auch zur messtechnischen Auswertung von Bildern eingesetzt werden, die keine Messbilder sind.Die digitale Bildverarbeitung eröffnet der Photogrammmetrie neue Wege. Dazu werden fotografische Messbilder durch Scanner digitalisiert, in zunehmendem Maße auch direkt digitale Bilddaten aufgenommen. Zur stereoskopischen Auswertung mit einer digitalen photogrammetrischen Workstation wird ein Stereomonitor benötigt. Durch die rechnerische Verarbeitung kann ein Teil der Messaufgaben automatisiert werden, insbesondere die Messung großer Mengen von Einzelpunkten, z. B. zur Gewinnung von digitalen Geländemodellen.Eine Sonderstellung nehmen die Verfahren der Entzerrung (auch Einbildmessung) ein. Sie bilden zentralperspektive Bilder in eine Parallelprojektion in einem bestimmten Maßstab um, sodass sie bei einem Luftbild geometrisch einer topographischen Karte entsprechen. Bei der einfachen Entzerrung wird vorausgesetzt, dass die Objektoberfläche praktisch eben ist. Ist dies nicht der Fall, muss die Oberfläche z. B. in Form eines digitalen Geländemodells gegeben sein. Dann kann durch Differenzialentzerrung ein Orthobild (Orthofotoverfahren) erzeugt werden. Auch hierzu ist die digitale Bildverarbeitung besonders gut geeignet.Die Anwendungen der Photogrammmetrie sind sehr vielseitig. Im Mittelpunkt steht die Auswertung von Luftbildern zur Herstellung von Karten beliebiger Maßstäbe für Zwecke der Landesvermessung (Landesaufnahme), der Landes- und Städteplanung sowie des Ingenieurwesens (z. B. Flächen- und Erdmassenberechnungen, Trassierung von Verkehrswegen u. a.). Zur Bestimmung von Passpunkten wird dabei vielfach eine Aerotriangulation durchgeführt. In der terrestrischen Photogrammmetrie von festen Standpunkten aus werden die Orientierungsdaten häufig direkt gemessen. Methoden der Photogrammmetrie werden auch angewandt in der Elektronenmikroskopie, in der Medizin, in Architektur und Denkmalpflege, in der industriellen Messtechnik und bei der Ingenieurvermessung. Mithilfe der Photogrammmetrie können ferner Bewegungsvorgänge in der Natur und im Laboratorium, Deformationen an Bauwerken, Wasserwellen oder Gletscherbewegungen erfasst werden. Oft hat der dokumentarische Wert der Bilder große Bedeutung (Luftbildarchäologie, Erfassung von Hochwasserständen, Unfällen u. a.). Schließlich ist die Kartierung von Planetenoberflächen nicht ohne Photogrammmetrie denkbar.Hb. der Vermessungskunde, hg. v. W. Jordan u. a., Bd. 3, a: Photogrammetrie, bearb. v. K. Rinner u. a., 3 Tle. (101972);W. Rüger u. a.: Photogrammetrie. Verfahren u. Geräte. .. (Berlin-Ost 51987);K. Regensburger: Photogrammetrie. Anwendungen in Wiss. u. Technik (1990);K. Kraus: Photogrammetrie, 2 Bde. (3-51994-96).
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Pho|to|gramm|me|trie, die; - [↑-metrie] (Messtechnik): Verfahren zum Herstellen von Messbildern, Grund- u. Aufrissen aus fotografischen Bildern von Gegenständen.
Universal-Lexikon. 2012.